Hilflos. So fühle ich mich in diesen Tagen. Hilflos und traurig. Die schrecklichen Angriffe der Hamas auf tanzende Festivalbesucher, auf Familien, die gerade zu einem neuen Tag aufbrachen. Unglaubliche Gemeinheiten gegen Frauen. Die Geiselnahmen. So viel Sorge, so viele Tränen. Wenn in Deutschland so ein Massaker stattgefunden hätte, wären umgerechnet 8.000 Menschen getötet worden! „Eine zweite Shoah“, sagt eine, die das Grauen damals überlebt hat. Der 9. November hat uns wieder daran denken lassen, wie alles anfing in Deutschland, wir haben an den Hitlerputsch 1923 gedacht und an die Reichspogromnacht 1938. Und jetzt gibt es in Deutschland wieder Leute, die den Tod jüdischer Menschen feiern. Ich bin entsetzt. Und eben hilflos. Was soll ich beten? Für einen Sieg des israelischen Militärs auf ganzer Linie? Ach, ich weiß ja auch von palästinensischen Tränen, dass die Zivilisten in Gaza von der Hamas als menschliche Schutzschilde genommen wurden, macht ihren Tod nicht weniger bitter.
Für die Toten selbst hoffe ich: Die, die Böses getan haben, vertraue ich Gottes Gerechtigkeit an. Die, die Böses erlitten haben, für die hoffe ich, dass sie auf der anderen Seite liebevoll in den Arm genommen werden, Licht und Trost und Heil und Frieden in Fülle haben.
Aber was ist mit denen, die leben mit schmerzenden Wunden, sichtbaren und unsichtbaren Verletzungen zuhauf?
Ich bin und bleibe hilflos, mir fehlen die Worte, auch die Worte für das Gebet. „Der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichen Seufzern“ – ach, ja, Gott selbst fehlen die Worte! Ich halte mich an die Seufzer des Geistes, ich weine, ich höre die Glocke, die am Mittag läutet, auch sie betet stellvertretend.
Ich stehe auf und nehme mir vor, nicht aufzuhören mit dem Beten um Frieden. Und: Ich will heute wenigstens einem Menschen etwas Gutes tun, mein Beitrag.
Ihre Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp
Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp
Johanneskirche Erlangen