Einfach mal machen! z.B. mit Lego

Kilian ist acht Jahre alt und ein Rollstuhlprofi. Mit dem Handbike überholt er die kleine Schwester locker auf ihrem Fahrrad und was er sich so im Skatepark mit dem Rollstuhl traut, macht anderen eine Gänsehaut. Dafür ist alleine zum Bäcker zu fahren und Brötchen zu holen eine echte Herausforderung. Vor der Lieblingsbäckerei gibt es eine Stufe, die er nicht alleine überwinden kann. Das ändert sich jetzt. Denn vor dem Laden gibt es eine Rampe für Kilian. Gebaut aus tausenden von knallbunten Legosteinen. Sie ist so stabil, dass man sogar mit dem Elektrorollstuhl drüber fahren kann. Zwei Kinder aus seiner Nachbarschaft, beide begeisterte Legobauer, hatten die Idee. Die Bauanleitung für diese Rampe und eine Menge hilfreiche Tipps fanden sie bei der „Lego-Oma“, die sie im Internet kennengelernt hatten. Die vielen, vielen gebrauchten Legosteine, die nötig waren, kamen durch Spenden zusammen. Manchmal standen ganze Säcke vor der Tür, die bunten Bauklötzchen schon vorsortiert. Im Wohnzimmer wurde gebaut, wochenlang. Jetzt kann Kilian am Samstagmorgen alleine losrollen. „Vier Mohnbrötchen, zwei Croissants und zwei Brezen, bitte!“ Und wer mit dem Kinderwagen oder dem Rollator zum Bäcker will, der tut sich auch viel leichter. So einfach kann es sein! Kinderleicht, im wahrsten Sinne des Wortes: zu sehen, was einen
anderen Menschen in seinem Alltag behindert. Und dann zu überlegen: kann ich da vielleicht was dran ändern? Das ist ein gut biblischer Blick auf die Welt und auf die Menschen um mich herum. Viele Geschichten von Jesus erzählen genau das. Jesus hat aufmerksam hingeschaut. Hat bemerkt, was anderen das Leben schwer macht. Und hat dann getan, was in seinen Kräften stand. Ja, manchmal kommt uns das heute wie ein Wunder vor. Aber oft genug waren keine Wunder nötig. Sondern Zeit, Zuwendung, Anpacken, Ermutigung. Egal ob da jemand nicht laufen oder nicht sehen konnte, krank oder verzweifelt war, noch fremd im Land oder das Gefühl hatte, immer zu kurz zu kommen. So auf die Menschen um mich herum zu schauen, macht manchmal sogar Spaß! Den beiden kleinen Legobauern aus Kilians Nachbarschaft leuchten jedenfalls die Augen, wenn sie von ihrem Projekt erzählen. Ich hab’s nicht so mit Lego. Aber von der Begeisterung lasse ich mich gerne anstecken: so wach und aufmerksam zu sein für das, was jemand braucht. Und dann einfach mal zu machen. Bis mir was einfällt, kann ich ja schon mal beim Bäcker ein Croissant mehr kaufen und es jemandem vorbeibringen, der es noch nicht bis dorthin schafft.


Christiane Stahlmann, Pfarrerin der Lukasgemeinde Bubenreuth.

Christiane Stahlmann

Pfarrerin Christiane Stahlmann

Evang. Kirchengemeinde Bubenreuth