Alles, was ihr tut, soll in Liebe geschehen.

Es ist Donnerstagmorgen, 6:05 Uhr. „Mama, ich brauche eine Milch!“ Mehr als ein „Mhmh“ bringe ich nicht heraus und drehe mich um, ziehe mir die Decke über die Ohren. Kurz ist es still. Dann wieder: „Mama. Mama! Eine Milch!“ Draußen ist es stockdunkel, Regen prasselt gegen die Fensterscheibe. Mein Dreijähriger Sohn lässt nicht locker. Neben mir schnarcht mein Mann unerschüttert weiter. Also schäle ich mich aus dem Bett, ziehe etwas über und schlurfe in die Küche. Mache Milch warm. Füttere die Katze. Bereite Schulbrote für meine Töchter vor. Dann sitze ich am Tisch, halte mich an meiner Teetasse fest und bedaure mich selbst: Kein vernünftiger Mensch kann um diese Uhrzeit mitten im Winter aufstehen wollen! Mein Blick fällt auf eine Postkarte, die eine Freundin geschickt hat. Darauf steht: „Alles, was ihr tut, soll in Liebe geschehen.“ Die Jahreslosung für 2024; ein Vers aus der Bibel. Ich fühle mich ertappt. Nichts von dem, was ich in den letzten 45 Minuten getan habe, fühlte sich besonders liebevoll an. Reines Pflichtgefühl hat mich angetrieben. Wenn Liebe mich erfüllt hätte – wie hätte der Morgen wohl dann ausgesehen?
Mich stellt das Jahresmotto für das neue Jahr vor eine echte Herausforderung. Alles, das heißt: Wirklich jede meiner Taten soll von Liebe geprägt und durchdrungen sein. Nicht nur Geschenke machen und eine Freundin umarmen. Sondern auch das gefürchtete Mitarbeitergespräch, der Abwasch, der Umgang mit Kunden, mein Verhalten im Straßenverkehr oder in der Schlange an der Supermarktkasse. Also nicht nur das Schöne und Leichte, sondern eben auch die Dinge, die mir auf die Nerven gehen, die ich ungern tue und die mich ärgern. Das kann ich nicht einfach so. Schon gar nicht im Januar morgens um sechs. Also eine echte Moralkeule für das neue Jahr?
Wie ich da noch sitze mit meiner dampfenden Tasse in der Hand, denke ich: „Gott, so kann das ja wohl nicht gemeint sein. Du kannst doch nicht von mir verlangen, dass ich Liebe weitergebe, die ich gar nicht in mir habe!“ Und genau das ist der Punkt. Um liebevoll sein zu können, muss ich vorher von Liebe erfüllt sein. Wenn mein Sohn mir heute Früh nicht lautstark „MILCH!“ ins Ohr gerufen, sondern mich mit einem sanften Küsschen geweckt hätte, wäre mir das Aufstehen sicher leichter gefallen. Mit vollem Liebestank liebt es sich leichter. Und wo gibt es Liebe im Überfluss gratis, rund um die Uhr? Bei Gott. „Du musst mich mit Liebe erfüllen, Gott!“, bete ich weiter. „Dann fällt es mir bestimmt auch leichter, andere zu lieben.“ 
Also nehme ich mir vor für das neue Jahr: Morgens kurz auf der Bettkante sitzen bleiben. Durchatmen und mir bewusst machen: Ich bin unendlich geliebt. Von dem wunderbaren Gott, der die ganze Welt in seiner Hand hält. Das verändert etwas in mir. Ich stehe deswegen immer noch nicht gerne so früh auf. Aber es hilft mir, mich selbst, die Menschen und unsere Welt mit anderen Augen zu sehen. Und auf einmal ist da Liebe.
Ein gesegnetes, liebevolles Jahr 2024 wünsche ich Ihnen!