Palmsonntag – ein Spalier der Begeisterung

Vor Jahren sind wir mit einem großen Palmwedel von Valencia nach Nürnberg gereist. Mein Sohn war so begeistert von seinem Fund am Straßenrand, dass er den Palmwedel auf keinen Fall am Urlaubsort zurücklassen wollte. Ich war entspannt. Was ich ihm nicht ausreden konnte, wird man am Flughafen schon erledigen, dachte ich. Ich täuschte mich. Die Mitarbeiterin an der Gepäckaufgabe hat sich von seiner Begeisterung anstecken lassen, dass sie den Palmwedel ohne Aufpreis unkompliziert transportieren ließ. 
Begeisterung bewirkt etwas. Sie setzt Menschen in Bewegung. Sie bringt Menschen zusammen. Viele sind begeistert, als Jesus auf einem Esel in Jerusalem einzieht. Ein Spalier aus Palmwedeln und bunten Kleidern säumt seinen Weg. „Halleluja“ jubeln sie. Ich staune über Menschen, die ihre Freude zeigen können wie die Kinder. Großartig ist, wenn Begeisterung nicht gleich wieder nachlässt.  Beeindruckend finde ich, wenn Fußballfans auch nach Niederlagen ihrem Verein zujubeln. Paare, die nach vielen Ehejahren einander noch begeistert in die Augen schauen, bewundere ich. 
Unser Palmwedel lag nach wenigen Tagen im Schuppen. Sobald der Normalzustand eingekehrt ist, lässt die Begeisterung doch schnell nach. Wenn es kritisch wird, werden die Fans weniger, auch im Leben. Begeisterung hat also viel mit Treue zu tun. Als Jesus verhaftet wird, lässt der Jubel schnell nach. Angst breitet sich aus. Die Jubelnden werden schnell umgestimmt im wahrsten Sinn des Wortes. Ihre Abstimmung klingt jetzt ganz anders. „Kreuzigt ihn!“ Aus dem Spalier der Fröhlichen und Bunten wird ein Spießrutenlauf für Jesus.   Vielleicht haben sie gar nicht gewusst, über wen sie da so urteilen. Gleichgültigkeit ist nicht die Freundin von Begeisterung. Schade eigentlich, wenn Angst einen so großen Raum einnimmt. 
Wie gut, dass Begeisterte von Jesus übrig blieben. Sie haben sich nicht umstimmen lassen, auch wenn sie sich erst einmal zurückgezogen haben.  Ihre Treue hat sich gelohnt. Nach drei Tagen hatten sie wieder Grund zum Jubel. Seit Ostern hat der Tod nicht das letzte Wort. Das Leben hat gewonnen. Auch wenn der Palmwedel in unserem Schuppen längst dürr ist, er liegt da immer noch. Zu Palmsonntag hole ihn mal wieder heraus. Er bleibt ein Zeichen der Begeisterung, weil die Vorfreude auf Ostern meinen Weg mit Hoffnung säumt. Ich glaube an das Leben, auch wenn es zwischendurch kritisch wird.  

Autorin: Dekanin Karola Schürrle (Evang. luth. Kirchengemeinde Herzogenaurach und Dekanin im Dekanatsbezirk Erlangen West)