Am Sonntag feiern wir den Muttertag. Da wird den Müttern gedankt, dass es sie gibt. Es gibt Blumen und vielleicht auch Pralines. Selbstgebastelte Kunstwerke wurden liebevoll von Kindern vorbereitet und werden strahlend am Morgen der Mutter präsentiert. Mittags wird fein zum Essen gegangen, damit an diesem Tag niemand die Küche aufräumen muss. Vielleicht wurde extra ein Kuchen gebacken, der auf einer festlich gedeckten Tafel aufs Anschneiden wartet. Und jede Mutter freut sich darüber, wenn sie liebevoll bedacht wird.
Die Väter hatten ihren Tag schon in dieser Woche. Manche sind mit Bollerwagen und Bier losgezogen und haben den Tag feiernd und lachend verbracht. Der Himmelfahrtstag als Vatertag, der den Männern ein Stück Unbeschwertheit und Freiheit schenkt.
Zwei Tage sind es, die den Eltern zeigen sollen, dass sie wertvoll und wichtig für unser Leben sind.
Wäre es aber nicht schön, wenn es diesen Tag so gar nicht bräuchte und wir jeden Tag unseren Müttern und auch Vätern danken könnten? Gehörte das nicht zu jedem Tag dazu: Dankbar für die Eltern sein, die einem das Leben geschenkt haben?
Für viele von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wird das selbstverständlich sein. Vater und Mutter zu ehren und von den eigenen Kindern als Eltern angenommen und geliebt zu sein. Da, wo das Leben gelungen ist und auch Liebe kein Fremdwort war, wo Vertrauen zueinander gewachsen ist und das Zusammenhalten immer dazugehört, wird Familie eine wichtige Rolle haben dürfen.
Dabei ist das eigene Verhältnis zu den Eltern und den Kindern nicht immer ungetrübt, frei von Belastungen. Manchmal ist die Beziehung schon lange gestört und der Kontakt ist aus verschiedenen Gründen abgerissen. Es fällt nicht allen Kindern leicht, dankbar für die eigenen Eltern zu sein. Nicht alle Eltern können voller Stolz auf den Nachwuchs blicken. Vielleicht gab es Brüche, ein Nichtgeliebtwerden, ein Abgeschoben sein. Es kann sein, dass Meinungsverschiedenheiten dazu geführt haben, dass man sich nicht mehr in die Augen schauen kann. Und dann werden Vater- und Muttertag zu einem Tag mit üblen Beigeschmack.
In den Ohren derer, die keinen guten Draht zu ihren Eltern haben klingt es bitter, wenn wir Christen von Gott als gutem Vater oder liebevoller Mutter sprechen. Wer keine guten Erfahrungen mit den eigenen Eltern gemacht hat, kann dem Bild eines Gottes, der wie ein liebender Vater oder wie eine tröstende Mutter ist, nur wenig abgewinnen.
Für mich aber ist das Bild von einem Gott, der mich liebt, ein starkes Bild. Ich bin angenommen ohne Vorbedingung. Da kommt mir einer entgegen, ehe ich das tun kann. Da bin ich ein geliebter Mensch, ohne selber lieben zu müssen. Da will einer eine gute Beziehung zu mir haben, selbst wenn ich keine guten Beziehungen finden kann. Ich bin Gottes geliebtes Kind. Die Bibel formuliert es so: Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! (1. Joh 3, 1)
Beweisen kann ich das natürlich nicht. Das ist etwas, was ich glauben darf.
Ihre Pfarrerin Christiane Börstinghaus
aus Hemhofen