Für das Gesicht gibt’s die Maske, für die Hände die Desinfektion. Und für den Bauch, bei dem Stress, einen leckeren Krapfen. Gesorgt ist für den Leib. Bloß was ist mit der Seele? Wie? Seele? Was ist die schon?
Die Seele ist das Innerste im Menschen, wie eine geistige Schaltzentrale, jedoch unzerstörbar, wertvoller als Diamanten, denn sie kommt von Gott und kehrt dahin zurück, so sagt es die Kirche.
Mein Alltag sagt dagegen: Die Seele muss irgendwie zurechtkommen. Wenn sie schon wie ein Diamant sein soll, dann soll sie auch denselben Härtegrad haben. Alles, was mich nervt, Stress, unentwegt Zuhausebleiben und die Angst vor Ansteckung, das soll mal schön an der Seele abprallen. Ich bin genug damit beschäftigt, den Körper zu schützen.
Darum gehe ich zurzeit öfter an die frische Luft. Ich lüfte mich aus von der dicken Luft im Homeoffice und in den Nachrichten. Dabei spaziere ich an Wegkreuzen und Bilderstöcken vorbei. Mancher Moosüberzug kann nicht verdecken, dass sie eine Botschaft für die Gegenwart haben. Sie erzählen von Krisen, vom schwarzen Tod, vom Seelenjammer. Sie reden vom Kreuz. Darauf schaue ich und sehe mehr als nur Verderben. Meine Seele im Jahr 2021 erkennt in ihnen ein Trainingskonzept: „Simplify your life! Verbinde deine Seele mit Jesus!“ Mitunter deswegen flankieren Kreuze und Bildstöcke die Wege, deswegen brannten Abermillionen Kerzen in Gotteshäusern, deswegen verschickten Menschen über Jahrhunderte hinweg Riesenpakete an Gebeten zum Himmel. Mehr als nur ein heute schwer nachvollziehbarer Wunderglaube bewegte sie dazu. Sie wollten auf Tuchfühlung mit diesem Jesus gehen, ihm nah sein, eine Seelenverwandtschaft mit ihm herstellen. So betrieben sie im besten Sinn des Wortes Seel-Sorge.
Ich weiß, das ist jetzt nicht der Renner für Lebensberatung von heute. Wo bleibt da die Garantie, dass es meiner Seele gut geht? Mein Leben klappt doch auch so, ohne Gott. Zu enge Bindungen sind ohnehin eine Last. Das Ich allein gewinnt. Ich entdecke mehr und mehr meine Seele, ich inspiriere sie mit neuen Urlauben, meiner Seele lasse ich freien Lauf. An so ein Seelentraining bin ich gewöhnt.
Schon gut alles. Bloß was ist, wenn es meiner Seele nicht gut gehen kann? Es gibt eine Lücke in ihr. Dann kann ich sie mit Tabletten auffüllen. Manchmal notwendig. Oder ich rede, rede mit Anderen, kann helfen.
Aber irgendwann ist alles ausgesprochen, vielleicht sogar austherapiert. Und jeder kann nur noch sagen: „Da musst du durch! Wird schon wieder!“ Aber es wird nicht mehr. Das Kreuz, auf das ich schaue, ist zu groß. Ich fühle, ich stehe mit meiner Seele mutterseelenallein da. Da tut es gut wie viele Menschen vor mir, die Seele mit Jesus zu verbinden. Sich freuen, leiden, die kleinen und großen Tode sterben, in allem steht die Seelenverwandtschaft mit Jesus offen für Sie.
Deswegen: Fürs Gesicht gibt’s die Maske, für die Hände die Desinfektion, für den Bauch den Krapfen und für die Seele die Verbindung mit Jesus.
Autorin/Autor:
Kaplan Tobias Löffler
Seelsorgebereich Aurachtal-Seebachgrund
16.01.2021 (Woche 02/21)