Mut zum Leben

Österliche Menschen leisten trotz mancher Rückschläge und Enttäuschungen immer wieder ihren eigenen Beitrag um Gutes, Wichtiges und Großes auf den Weg zu bringen und zu verwirklichen.

Vor drei Wochen war Ostern. Für die Kirche ist es das wichtigste Fest: Sie feiert den Sieg des Lebens über den Tod. Durch die Auferstehung Jesu darf der Mensch daran glauben, dass seine Existenz am tiefsten Punkt seines Daseins, dem Tod, durch Gott zu neuen und unvergänglichen Leben emporgehoben wird. Nicht ein dunkles Ende erwartet den Sterbenden nach dem letzten Atemzug, sondern die Vollendung im Licht. Das ist die größte Würde, die uns Menschen zuteil werden kann; Geschenk Gottes an all jene, die sich seiner Wirklichkeit und Liebe öffnen. Ostern macht Mut zum Leben, weil es ein Ziel gibt, auf das es sich lohnt zuzugehen: erwartungsvoll, optimistisch, kreativ! 
Österliche Menschen leben daher entschieden im Heute: Sie geben ihre Erwartung nicht auf, dass die Kirche durch das glaubwürdige Engagement von Christinnen und Christen zu neuer Glaubenskraft finden wird. Österliche Menschen leben im Optimismus, dass es gelingt, die Schöpfung so zu bewahren, dass die Erde auch künftig ein guter Platz zum Leben sein wird. Österliche Menschen wissen wie wichtig Kreativität ist, um Krisen zu überwinden und das  gesellschaftliche Leben nachhaltig zu verbessern. Österliche Menschen leisten trotz mancher Rückschläge und Enttäuschungen immer wieder ihren eigenen Beitrag um Gutes, Wichtiges und Großes auf den Weg zu bringen und zu verwirklichen. 
Gläubige Christinnen und Christen vertrauen dabei auf die Hilfe Gottes, weil er ein Freund des Lebens und der Zukunft ist. Dies haben wir uns nicht nur jüngst bei den Gottesdiensten an den Osterfeiertagen in  Erinnerung gerufen, sondern wir bekennen dies in besonderer Weise 50 Tage lang. Am Pfingstfest feiern wir dann, dass uns die Kraft des Heiligen Geistes geschenkt ist, damit wir entschieden mit unseren je eigenen Talenten und Fähigkeiten am Aufbau dessen mitwirken können, was Jesus das „Reich Gottes“ nennt. Weil österliche Menschen das Leben und die Zukunft fest im Blick behalten, haben sie langen Atem. 
Von solch einem österlichen Menschen mit Mut zum Leben erzählt der Schriftsteller Jean Giorno: Ein Mann zog sich nach dem Tod seiner Familie in eine einsame und unwirtliche Gegend zurück. Er erkannte, dass die Gegend aus Mangel an Wasser bald völlig absterben werde. So besorgte er sich Eicheln, tränkte sie mit Wasser und pflanzte sie ein. Er hoffte, dass wenigstens jede zehnte von ihnen treiben und die neuen Wurzeln frisches Wasser ansaugen würden. Und siehe: Im Lauf der Jahre entwickelte sich ein Wald und um ihn herum eine blühende Landschaft sowie ein neuer Fluss. Die Freude der einst misstrauischen  Bewohner wuchs ebenfalls, so dass sie begannen, sich für die Weiterentwicklung ihrer wiedergewonnen Heimat mit Leidenschaft einzusetzen. 
Ich wünsche Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser, Mut zum Leben, und die Bereitschaft dort, wo sich Ihr Leben ereignet, ein österlicher Mensch zu sein! 

Michael Schüpferling

Autorin/Autor:
Pfarrer Michael Schüpferling
Leitender Pfarrer des Katholischen Seelsorgebereichs Erlangen
24.04.2021 (Woche 16/21)