Dieser Sonntag ist wie der Espresso nach einem guten Essen: die Kirche feiert „Trinitatis“, das Fest der „Dreieinigkeit“ oder „Dreifaltigkeit“.
Ein Espresso nach dem Essen rundet für Viele den Genuss ab. So kann man diesen Sonntag auch verstehen – wie einen guten Schlusspunkt. Drei große Feste, Weihnachten,
Ostern, Pfingsten liegen im kirchlichen Kalender hinter uns. Und ehe jetzt der Alltag im Kirchenjahr beginnt mit einer schier endlosen Reihe von Sonntagen, die nur noch durchgezählt werden, kommt Trinitatis. Als würde man einen Moment innehalten und zusammenfassen, was man bisher von Gott erfahren und mit ihm erlebt hat. Und dann denken: jetzt kann der Alltag mit Gott kommen, mal schaun, was der so bringen wird.
Ein Espresso ist hochkonzentrierter Kaffee. Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes, das ist so etwas wie stark verdichtete Theologie. Was haben sich akademisch gelehrte Theologen in den vergangenen Jahrhunderten die Köpfe heiß diskutiert, wie man Gott nur auf den Begriff bringen könnte. Diesen Gott, den wir so unterschiedlich erleben und erfahren in seiner Schöpferkraft. In allem, was sein Sohn Jesus von Nazareth gesagt und getan hat. In der unberechenbaren und großartigen Kraft des Heiligen Geistes. Wie kann man das erklären, dass es nur einen Gott gibt, er uns aber als Vater, Sohn und Geist begegnet? Was dazu vor 1700 Jahren, bei einer großen Kirchenversammlung in Nicäa in der Sprache und Gedankenwelt griechischer Philosophie formuliert wurde, bereitet uns heute wieder Kopfzerbrechen. So reden wir heute nicht mehr von Gott. Aber wie dann?
Darauf eine Antwort zu finden ist spannend und anstrengend, weil es uns an die Grenzen dessen bringt, was wir Menschen begreifen und ausdrücken können. Manche sagen darum: das bleibt ein Geheimnis, das sich gar nicht bis ins letzte erklären lässt. Und statt es zu versuchen, kann man lieber beginnen mit dem Geheimnis zu leben.
Ein Espresso macht wach. Manchmal hilft er auch, nach dem Essen den inneren Schweinehund zu überwinden und eine Runde spazieren zu gehen. Wie schön, wenn Trinitatis auch so ein Wachmacher-Sonntag ist. Dann nämlich, wenn man Lust kriegt rauszugehen in die Welt und sich umzusehen. Wo kann ich denn heute etwas sehen, spüren, erleben von dem dreieinigen Gott? Wo vermisse ich ihn schmerzlich? Und wo würde ich ihn gerne mal hinschicken, weil es was für ihn zu tun gibt? So mit wachen Sinnen durch die Welt und durch seinen Alltag zu gehen, ist dann allerdings nicht an einem Sonntag erledigt. Doch Trinitatis könnte dafür ja auch ein guter Anfang sein. Einen Espresso, bitte!
Christiane Stahlmann, Pfarrerin der Lukasgemeinde Bubenreuth
Pfarrerin Christiane Stahlmann
Evang. Lukasgemeinde Bubenreuth