Der Gott der Gemeinschaft
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
zwei Dinge haben mich mein Leben lang begleitet. Zum einen waren es meine Fragen nach Gott und nach dem Sinn des Lebens und zum anderen meine Leidenschaft für Sport, besonders für den Fußball.
Als Pfarrer und Sportbeauftragter des Dekanats Erlangen kann ich beides immer wieder miteinander in Verbindung bringen. Und als Christ liebe ich die Emotionen, die Sport bietet, aktiv wie passiv.
Allerdings wurde meine Begeisterung auf eine harte Probe gestellt. Mit Corona und allen Einschränkungen galt es immer zu überlegen, ob man dem Treiben weiterhin getrost zusehen könne. Als im ersten Lockdown die Bundesliga wieder spielte (unsere Altherren-Mannschaft aber nicht trainieren durfte), da dachte ich mir: das große Fußballgeschäft brauche ich nicht, das ist unnötig. Gleichwohl war der Erfolg in der Champions-League des FC Bayern eine erfreuliche Ablenkung im vergangen Sommer gewesen (ja, ich wage diese Farben in Franken zu bekennen).
Dennoch wusste ich, auch aus persönlicher und natürlich beruflicher Perspektive, dass ganz andere, viel wichtigere Themen seit Frühjahr 2020 uns alle betreffen. Deswegen war auch die Aussicht, eine Europameisterschaft an Spielorten in ganz Europa durchzuführen, unter den Pandemiebestimmungen absurd. Und doch schaue ich jetzt, da die Inzidenzwerte endlich wieder gut sind, sehr gerne zu. Gewiss auch an diesem Wochenende, da die Achtelfinals ausgespielt werden.
Meine Freude an der EM liegt aber nur zum Teil an den Spielen an sich. Vielmehr betrifft sie das Außenherum. Ja, es ist eine Freude, das „Normale“ wieder zu erleben. Zuschauer, die ihre Emotionen ausleben, Fan-Gesänge, Freude, die man miteinander im Stadion teilt.
Daran merke ich, wie sehr wir Menschen auf ein Gegenüber angelegt sind. Wir wollen in Kontakt mit anderen treten, auch um uns selbst zu spüren und zu erleben. Eine Freude, die im leeren Raum (oder dem leeren Stadion) verhallt, ist nur halbe Freude. Und ich glaube, dass das auch der Grund ist, warum Gott uns Menschen geschaffen hat. Um seine Freude mit uns zu teilen und um uns mit ihm und anderen in Kontakt zu bringen. Liebe, Leben und Lebendigkeit gibt es eben nur dort, wo Herzen im Gleichklang schlagen und Seelen sich verbinden.
Möge das nun wieder ganz neu geschehen. Als Zuseher von sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen. Als aktive Menschen, ganz gleich ob am Ball, am Instrument oder im Biergarten. Und als nach dem Sinn oder Urgrund des Lebens suchende Wesen.
Der Gott, an den ich glaube, ist ein Gott der Gemeinschaft, der Liebe und der Nähe. Einer, der in Beziehung setzen möchte: mit ihm und mit anderen. Wie schön, dass das „nach“ Corona wieder ganz neu möglich ist.
Auf einen Sommer der Gemeinschaft und wer mag: auf einen schöne EM.
Autorin/Autor:
Pfarrer Peter Söder
Evang. Luth. Kirchengemeinde Aurachtal und Oberreichenbach
26.06.2021 (Woche 25/21)