Die Tage werden kürzer, ein freundlicher Spätsommer lädt zum Verweilen am Abend ein. Die Ferien sind vorbei und die Schule hat wieder begonnen. Immer noch unter dem Einfluss von Pandemiemaßnahmen versuchen wir, unser Leben wieder möglichst „normal“ zu gestalten. Wir werden noch eine Weile an Geduld benötigen, bis man sich wieder sorglos in größeren Menschenansammlungen bewegen kann. Es tut gut, sich zwischendurch auszuruhen in dieser immer noch sehr unruhigen Welt. Haben die zurückliegenden Monate doch mehr an den Kräften gezehrt, als man es sich manches Mal eingestehen will.
Das Sinnieren im Buch der Klagelieder passt – auch nach Jahrtausenden – in diese Zeit. Das Auf und Ab im menschlichen Leben scheint eine Konstante zu sein. Insofern müssen uns „Untergangsszenarien“ nicht allzu sehr beunruhigen. Es gab sie schon in früheren Generationen – und die Welt dreht sich immer noch. Natürlich ist der Umgang mit dem Klimawandel eine der größten Herausforderungen dieser Zeit, die man nicht verschlafen darf. Doch ich bin zuversichtlich. Zum einen, weil die menschliche Achtsamkeit im Umgang mit der Natur wächst. Zum anderen, weil es Gottes Schöpfung ist, die in erstaunlich austarierten Gesetzmäßigkeiten selbst reagiert und in ihrer Größe dem Menschen nicht hoffnungslos ausgeliefert erscheint. Der Gedanke des im vergangenen Jahrhundert wirkenden Theologen Albert Schweitzers von der „Ehrfurcht vor allem, was lebt“ gewinnt neu an Bedeutung.
Sich wieder auf Gott und diese Schöpfung besinnen, in der wir leben, ist angesagt. Dabei dürfen wir zurückgreifen auf Glaubenserfahrungen aus Generationen von Menschen vor uns. Auf den HERRN „harren“ und nach IHM fragen – dafür „trainieren“ wir einen langen Atem in unseren Gottesdiensten – und das trägt Früchte. Sich selbst neu begreifen als Geschöpf unter Geschöpfen – daraus entspringt die Demut vor Gott, die unsere Welt braucht. Die wesentlichen Kräfte werden uns geschenkt. Dafür sollen wir dankbar sein und bleiben – entgegen allen Zumutungen, die uns aus der Ruhe bringen wollen.
Autorin/Autor:
Pfarrer Christoph Thiele,
Evang.-Luth. Kirchengemeinde Kalchreuth
18.09.2021 (Woche 37/21)