Liebe Leserin, lieber Leser,
endlich fahren mit Getreide beladene Schiffe durch das Schwarze Meer. Mit Bangen hatte man gehofft, dass es endlich gelingen würde, den Weizen aus den Anbaugebieten im Kriegsland dorthin zu transportieren, wo er dringend benötigt wird: in den arabischen Ländern, am Horn von Afrika.
Manche wußten vielleicht noch aus dem Erdkundeunterricht über die Kornkammer der Ukraine und der angrenzenden Regionen. Dass so viele Menschen direkt von den Lieferungen aus diesen Anbaugebieten abhängig sind, war bis zum Krieg dennoch den wenigsten bewußt.
Auf der anderen Seite ist das tägliche Brot in unserem Land eine Selbstverständlichkeit. Im Land der „Brotweltmeister“ gibt es nicht nur die meisten unterschiedlichen Sorten zu kaufen, sondern es wird auch unvorstellbar viel wieder vernichtet. Das tägliche Brot wird nicht immer so wertgeschätzt, wie es eigentlich gehört.
Im „Vaterunser“ beten die Christen weltweit „Gib uns unser täglich Brot!“ - wohl wissend, dass es nicht nur um die eigene Ernährung, sondern auch und vor allem um die Versorgung der ärmsten geht. Gleichzeitig gehört zu dieser Bitte die Erkenntnis, dass zum „täglichen Brot“ mehr gehört, als das direkte Stillen von Hunger und Durst. Zum „täglichen Brot“ zählen auch jene Aspekte, die das Leben erfüllen und bereichern, wie Familie, Freunde, Glück, Liebe, Zufriedenheit usw.
Jesus Christus sprach in vergleichbarer Weise über sich und seine Botschaft: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ (Johannes 6, 35) Das bedeutet: im Glauben an ihn stillt Gott unsere Grundbedürfnisse an das Leben; in ihm finden Menschen Erfüllung und Zufriedenheit. Mit ihm erkennen sie, was dem Leben Inhalt und Sinn schenkt.
Viele von denen, die Jesus zugehört haben und seinen Worten Glauben geschenkt haben, gehörten zu denen, die selbst nicht immer genügend zu essen hatten in einem Land, in dem so manche Ernte ausfallen konnte. Dennoch erkannten sie die tiefe Wahrheit, die darin liegt, in allem sein Leben auf Gott hin auszurichten.
Für uns in unserem trotz aller Krisen reichen Land heißt der Ruf Christi nichts anderes, als sich auf ihn zu verlassen und seinen Willen zu tun. Wo Christen leben, dürfen sie sich nie damit abfinden, dass andere hungern oder von lebenswichtigen Gütern abgeschnitten sind. Wo Christen im Namen Jesu handeln, werden sie danach streben, dass alle teilhaben an dem umfassenden „täglichen Brot“. Das ist eine stete Herausforderung und keine einfache Aufgabe; aber sie darf und soll täglich neu mit Gottes Hilfe ein Stück in die Realität umgesetzt werden.
Bleiben Sie behütet und gesund!
Pfr. Dr. Peter Baumann
Altstädter Kirchengemeinde
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Erlangen