Am 31. Juli feiert die katholische Kirche den Heiligen Ignatius von Loyola, den Gründer des Jesuitenordens. Als Mitbrüder von Ignatius als Konzilsberater nach Trient berufen wurden, empfahl Ignatius ihnen nicht, irgendeine spezielle theologische Position zu verteidigen. Es zeigt seine Größe, dass er ihnen vielmehr Gesprächstipps in einem Brief mitgab. Diese Gesprächstipps sind auch heute noch wertvoll und anregend, sowohl für den Alltag als auch in der öffentlichen politischen Diskussion und ebenso in den sozialen Medien.
„Ich an eurer Stelle wäre langsam im Sprechen, vorsichtig und liebevoll. Besonders wenn es um Dinge geht, die mit dem Konzil zu tun haben.“ – Vorsichtig, liebevoll und langsam im Tippen von Kommentaren im Internet und in den sozialen Medien, das beherzigen viel zu wenige! Ignatius weiß, dass durch Gespräche sehr viel Fortschritte, Heilung, Klärung und Beziehungsaufbau passieren kann. Aber auch große Verletzungen, Enttäuschungen, Streitigkeiten und Missverständnisse können entstehen. Deswegen mahnt er uns: „Und deswegen ist es wichtig, dass wir vorausschauend und in einiger Ordnung ausgerichtet sind.“
Wie modern Ignatius war, merkt man besonders an folgender Stelle: „Ich bliebe dabei innerlich ruhig, um die Auffassungen, Gefühle und Absichten der Gesprächspartner spüren zu können und kennenzulernen, damit ich dann später umso besser antworten kann oder auch mich bewusst dazu entscheide zu schweigen.“ Er empfiehlt empathisches Einfühlen und wie in der gewaltfreien Kommunikation von Rosenberg die Gefühle und Bedürfnisse zu erahnen, die hinter den Aussagen des Gesprächspartners stehen.
Nicht selten erleben wir die Haltung: Ich weiß es besser als der andere und ich muss ihr/ihm die Welt erklären. Und wenn sie/er nicht mitgeht, beschimpfe ich sie/ihn. Dagegen setzt der wirklich kluge und weise Ignatius folgenden Tipp: „Ich an eurer Stelle würde versuchen, beim Zuhören zu lernen. Wenn ich aufmerksam zuhöre, kann ich das Gespräch für mich nutzen.“ Dieser Aussage kann ich nur aus eigener Erfahrung zustimmen. Immer wieder lerne ich durch Gespräche Neues, korrigiere meine erste Bewertung aufgrund eines Austausches usw.
Wenn Sie nun folgenden Tipp von Ignatius lesen, stellen Sie sich mal vor, Politiker im Bundestag, im Landtag oder in einer Politik-Talkshow im Fernsehen würden diese Regel beherzigen: „Wenn es um ein schwieriges Thema geht, bei dem verschiedene Meinungen vorliegen, dann würde ich nicht nur die eigene Meinung kundgeben. Ich würde Gründe und Argumente für die verschiedenen und gegensätzlichen Meinungen anführen. Das zeigt, dass ich nicht voreingenommen bin.“ – CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier hat diese Einsicht umgesetzt, als er die erste schwarz-grüne Regierung in Hessen mit den Worten begann: „Gehen wir davon aus, dass der andere recht haben könnte!“ Aber auch Streitigkeiten in allen Lebensbereichen können durch so ein Verhalten besser gelöst werden!
Dekan Dr. Michael Pflaum
Kath. Dekanat Erlangen